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Möglichkeiten und Grenzen von Verjährungsfristen zum Jahreswechsel

Es weihnachtet. Ein Jahr ist wieder im Eiltempo an uns vorübergezogen und wir freuen uns auf ruhige Festtage und Silvester.  Und da sind auch die immer noch üblichen Neujahrsvorsätze nicht weit. Mehr Sport, mehr Schlaf, weniger Stress, gesünder leben, das sind häufig genannte Vorsätze. Nicht selten kommt auch der Vorsatz, endlich mal Ordnung in die ungeliebten Unterlagen zu bringen.

Wer diesen Neujahrsvorsatz hat und sich im Januar mit all dem Unsortierten und Liegengebliebenem beschäftigt, kann eine böse Überraschung erleben: Der 31. Dezember ist nicht nur Tag der Silvesterpartys.

Er ist ein wichtiger Termin hinsichtlich der Verjährung von Ansprüchen. Ist ein Anspruch verjährt, kann derjenige, der den Anspruch hat, z.B. auf eine Geldzahlung, diesen nicht mehr durchsetzen. Kohle futsch! Knete dahin! Heißt, Sie sollten gegebenenfalls aktiv werden. Einerseits zur Geltendmachung von Ansprüchen bzw. andererseits zur Abwehr von Ansprüchen. Liest sich kompliziert? Dann schauen wir uns das mal an einem Beispiel an:

Stellen Sie sich vor, im März 2018 wurde Ihnen eine Rechnung für eine Möbellieferung zugesandt. Sie haben tatsächlich Möbel gekauft, erhalten und nach Erhalt der Rechnung bezahlt. Aus Versehen haben Sie jedoch nicht den vollständigen Rechnungsbetrag an das Möbelgeschäft überwiesen. Auch bei dem Möbelhändler geriet der noch fehlende Rechnungsbetrag in Vergessenheit.

Jetzt erhalten Sie plötzlich für den noch fehlenden Restbetrag von dem Inhaber des Möbelgeschäftes eine Mahnung zur Zahlung dieses Restbetrages. Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt jedoch 3 Jahre (vgl. dazu § 195 BGB). Der Anspruch ist seit dem 31.12.2021 verjährt – vom Jahresende 2018 ausgehend noch drei Jahre. So können Sie die Zahlung mit dem Hinweis auf die Verjährung der Kaufpreisforderung (Einrede der Verjährung vgl. dazu § 214 BGB) verweigern.

Mit dieser Einrede der Verjährung besteht der Anspruch des Verkäufers zwar weiter, aber er kann ihn gerichtlich nicht durchsetzen. Voraussetzung ist, dass Sie auch in einem gerichtlichen Verfahren die Verjährung der Forderung geltend machen und durch das Gericht feststellen lassen. Fall erledigt, denken Sie.

Ihr Möbelhändler sieht das anders. Er will sein Geld und hofft, das Geld auf anderem Weg zu bekommen. Um die Verjährung einer Forderung zu vermeiden, nutzen daher Gläubiger (hier der Möbelhändler) häufig das gerichtliche Mahnverfahren als den schnellsten Weg, die Verjährung einer Forderung zu verhindern. Auf diesem Weg kann der Möbelhändler einen Schuldtitel gegen Sie erlangen. Und aus diesem Schuldtitel kann er 30 Jahre gegen Sie vollstrecken, denn so lang ist die Verjährungsfrist aus diesem Titel.

Der Inhaber des Möbelgeschäftes beantragt also den Erlass eines gerichtlichen Mahnbescheides gegen Sie. Völlig egal, dass die Sache ja längst verjährt ist, wie wir schon erläutert haben. Es wird Ihnen vom Gericht ein Mahnbescheid in einem gelben Umschlag zugestellt. Warum geschieht das? Was ist mit der Verjährung? Wichtig ist zu wissen, dass das Gericht die Angaben des Gläubigers in dem Mahnbescheid nicht prüft. Also auch nicht die Angaben des Möbelhändlers. Gläubiger können so beispielsweise mit dem Mahnbescheid bereits verjährte Forderungen geltend machen. Wie es Ihr Möbelhändler hier auch versucht. Deshalb müssen Sie die Angaben in dem Mahnbescheid genau prüfen. Der Bescheid wird Ihnen durch das Gericht zugestellt. Und Sie müssen fristgerecht innerhalb von zwei Wochen nach der Zustellung Widerspruch dagegen einlegen. Das Widerspruchsformular dafür ist dem Mahnbescheid gleich beigefügt.

Um ein weiteres gerichtliches Verfahren und damit unnötige Kosten zu vermeiden, sollten Sie zusätzlich gegenüber dem Möbelhändler in einem formlosen Schreiben mitteilen, dass Sie sich auf die Einrede der Verjährung der Forderung berufen. Zum Nachweis sollten Sie das Schreiben dem Inhaber des Möbelladens per Post zustellen.

Wenn Sie den Widerspruch versäumen oder nicht innerhalb der zwei Wochen einlegen, wird das Gericht Ihnen den Vollstreckungsbescheid zusenden. Wieder im Auftrag des Möbelhändlers, der versucht, seine Ansprüche zu sichern.  Gegen diesen Vollstreckungsbescheid können und sollten Sie Einspruch einlegen – ebenfalls eine zwei Wochen-Frist – und zusätzlich beim Gericht unter Hinweis auf die Einrede der Verjährung die Einstellung der Zwangsvollstreckung beantragen.  Eine Zwangsvollstreckung findet dann nicht mehr statt. Das ist wichtig, weil ein Vollstreckungsbescheid bereits mit der Zustellung vorläufig vollstreckbar ist. Der Händler könnte also versuchen, sofort noch Geld von Ihnen zu kassieren, indem er eine Konto- oder Lohnpfändung veranlasst.

Und eine letzte Möglichkeit neben Mahn- und Vollstreckungsbescheid kann Sie noch erwischen:

Die Ihnen vom Gericht zugestellte Zahlungsklage.  Wieder gelber Umschlag, wieder müssen Sie   innerhalb von zwei Wochen dem Gericht mitteilen, dass Sie sich mit dem bereits eingangs erwähnten Hinweis auf die Einrede der Verjährung gegen die Klage verteidigen.

Heißt: Allein, dass Sie im Recht sind, weil die Restzahlung aus der Rechnung von 2018 bereits seit 31.12.2021 verjährt war, nutzt Ihnen noch gar nichts.

Sie müssen aktiv werden, um Ihr Recht auch durchzusetzen.  Ansonsten besteht die Gefahr, dass ein Schuldtitel (z.B. Vollstreckungsbescheid oder Versäumnisurteil) gegen Sie ergeht und der Gläubiger dann die Forderung für 30 Jahre gegen Sie zwangsweise durchsetzen kann.

Dazu sollten Sie es jedoch nicht kommen lassen.

Und wenn Sie das alles beachten oder sich, weil es doch ein ganz schön weites Feld ist, Hilfe suchen, dann sollten Sie dem 31.12. zumindest in dieser Hinsicht entspannt entgegensehen können.

Wir wünschen Ihnen frohe und besinnliche Festtage und einen gesunden Rutsch in das Jahr 2023. Auch im kommenden Jahr sind wir wieder gern für Sie da und unterstützen Sie. 

Ihr Team von eibe e.V.